#23: Advanced: Medienkonsum, Sucht und Empathie

Shownotes

Buch: Macedonia, M.: Wellness für das Gehirn. Wie wir unserem Gehirn Gutes tun, unser psychisches Wohlbefinden steigern und unsere kognitiven Fähigkeiten stärken. 2024: edition a, Wien.

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00:00:00: Gehirn einfacher Klerz. Der Podcast für alle mit Köpfchen.

00:00:05: Herzlich willkommen, schön, dass ihr mit dabei seid. Mein Name ist Katrin Wachauer, ich bin

00:00:11: Moderatorin und mein Name ist Manuela Machudania und ich bin Neurowissenschaftlerin und Speakerin,

00:00:17: Bucharttorin, Podcasterin. Da wisst ihr, was die Neurowissenschaften angeht. Ich bin die

00:00:24: Ausseiterin und wir haben in der letzten Folge über die Mediennutzung und den Medienkonsum

00:00:30: gesprochen und auch über die Mediensucht und auch darüber, dass zum Beispiel Videospiele

00:00:36: aggressiv machen, die Empathie dadurch auch abnimmt und wir wollen heute dort anknüpfen und

00:00:41: das Ganze ja noch mehr aus neurowissenschaftlicher Sicht beleuchten. Manuela, machen Medien,

00:00:48: Kinderintelligenter oder Dümmer. Das ist eine sehr gute Frage. Also Intelligenz wird gemessen mit

00:00:57: Intelligenztest, mit einem speziellen, mit dem Wechseler Intelligenztest. Der Herr Wechsler war

00:01:05: ein amerikanischer Psychologe, der eine ganze Reihe von Tests entwickelt hat für verbale,

00:01:13: logische, mathematische Fähigkeiten und Kinder werden eben auch Erwachsene, sagen wir so,

00:01:20: mit solchen Tests. Da wird ihre Intelligenz gemessen und man hat sie so seit Mitte der

00:01:28: 40er Jahre gemessen in den USA und man sieht, dass diese Wechseler Intelligenztest für Kinder

00:01:37: seit Mitte der 40er Jahren bis in die 2010er Jahre hinein. Man sieht, dass die Intelligenz

00:01:44: gestiegen ist nach diesem Test. Also wenn man weiß, dass Kinder Medien konsumieren und jetzt die

00:01:54: Intelligenz gestiegen ist, könnte man einen Zusammenhang daraus interpretieren, könnte,

00:02:01: könnte, dass Kinder auch wegen dem Medien intelligenter geworden sind. Ja und ist es so

00:02:09: oder weiß man das nicht? Ja also das nennt man den Flynn Effekt. Okay. Also dieser Herr Flynn war

00:02:17: auch ein, eigentlich war er ein Politologe, Politologe und er hat diese Zusammenhänge untersucht

00:02:25: und er hat eben gemeint, ja also Medien machen intelligenter, aber wenn man jetzt Menschen,

00:02:32: die in der Praxis mit Kindern zu tun haben, ja beschreiben sie das ein bisschen differenzierter.

00:02:39: Es gibt Kinder, also ich hab, ich rede hin und wieder mit Pädagoginnen und Pädagogen und sie

00:02:45: sagen mir, es gibt Kinder heutzutage, die wirklich wahnsinnig fortgeschritten sind, was ihre

00:02:51: geistigen Fähigkeiten anbelangt und andere hingegen, die zum Beispiel bei einem Baum nicht,

00:02:58: nicht mal erkennen können, was ein Stamm ist und die Blätter etc. ist auch natürlich eine

00:03:03: Verarmung der Sprachbeherrschung, aber auch eine Verarmung der Wahrnehmung und der Fähigkeit,

00:03:08: das Gedachte in Sprache zu gießen, also es ist nicht nur Sprache. Also man beobachtet alles.

00:03:16: Das, da Sache ist aber die, dass Kinder heutzutage, wie wir schon in der letzten Folge gesagt haben,

00:03:22: sehr viel Zeit im Medienkonsum stecken und das ist, sofern die Medien nicht wirklich zur

00:03:30: Entwicklung gewisser Fähigkeiten beitragen können, also wenn es nur Unterhaltung ist,

00:03:35: ist für ein Kind eine verlorene Zeit. Ich möchte aber nicht alles komplett verdäufeln,

00:03:40: es gibt auch Apps, die den Kindern das sprechen beibringen, nicht das sprechen,

00:03:46: das schreiben und das rechnen beibringen und man darf nicht vergessen, wir leben in einer

00:03:51: Informationsgesellschaft, wir haben Zugang zu allem Möglichen, was früher nicht der Fall war.

00:03:57: Ich kann mich erinnern, bei uns, also in meiner Kindheit, wenn du wissen wolltest, wie viele

00:04:02: Einwohner, ich weiß nicht, ein Land zentral Afrika hat, hast du in die Bibliothek gehen müssen und

00:04:09: da hat diese großen Brockhaus endlich in Enzyklopädien gegeben, die waren vielleicht schon

00:04:14: 5 oder 10 Jahre alt und ungefähr über einen Daumen hat man gewusst so und so viele Millionen

00:04:20: Einwohner und jetzt braucht man das nur zu googeln, also innerhalb von einigen wenigen Sekunden

00:04:25: weiß man Information, die früher viel weniger zugänglich war und über Information natürlich

00:04:33: entwickelt sich auch die Fähigkeit, Information zu filtern, sie zusammenzustellen, sie zu

00:04:38: verwerten für die eigenen Entscheidungen etc. also Information ist nicht Intelligenz, aber wenn man

00:04:46: viel Information aufnimmt, kann man auch gute Entscheidungen treffen und das ist dann eben das,

00:04:53: was auch Intelligenz ausmacht. Ja also mit den Medien heutzutage, ich brauche nur Google,

00:04:59: AT, zack, zack und Einwohner, von welchem Land, Magst du das wissen Manuela? Nigeria. Einwohner, Nigeria, zack.

00:05:10: Was glaubst du? Das sind ein paar Millionen, ist ein großes Land. Gibt es das? 213,4 Millionen Einwohner.

00:05:20: Ich weiß, dass ein großes Land ist. Ja, also die Medien machen da schon einiges viel einfacher und leichter.

00:05:26: Ja, machen viel leichter, aber es gibt Fähigkeiten, die die Kinder einfach für sich erarbeiten müssen auf eine angestrengte Art und Weise, damit die H-Duer der Kinder, also das Gehirn der Kinder, wird besser, wenn sie viel lernen.

00:05:43: Es ist nicht wie bei einem Computer, wo man sagt, der Computer hat eine Speicherkapazität von so und so vieler Gigabyte und man stopft Information rein und irgendwann mal wird es langsam,

00:05:55: und irgendwann mal wird zu viel und man muss wieder löschen. Beim Gehirn ist es umgekehrt, je mehr Information der junge Mensch aufnimmt, umso leistungsfähiger wird das Gehirn als Verarbeitungs, sagen wir Werkzeug.

00:06:14: Und das heißt also, die Software, die man einbaut, verändert bzw. verbessert die Hardware. Das beste Beispiel sind Fremdsprachen, also wenn Kinder mehrsprachig aufwachsen, haben sie dann Leichtigkeit, weitere Sprachen zu lernen.

00:06:34: Wenn ein Kind schon sehr früh mathematisch gebildet wird, hat das Kind dann später auch Physik sehr leicht zu verstehen, weil die Basis der Physik ist die Mathematik.

00:06:45: Wenn man das Gehirn so ein bisschen metaphorisch beschreibt, wenn man das Gehirn als Hardware ansieht, muss man wissen, dass jedes Software das Gehirn verändert und wenn in jungen Jahren sehr viel gelernt, dass das Gehirn dann sozusagen zu einem Ferrari wird und sehr gut und sehr leistungsfähig wird.

00:07:12: Also kein Opelkurser, sondern ein Ferrari. Genau. Wir haben auch über die Medien Such gesprochen und ich habe eine Volksschullehrerin getroffen, die unterrichtet an der Volksschulle Mühlbach und die hat gesagt, die hat einen kleinen Buben, ich glaube in der zweiten Klasse, und der erzählt nach jedem Wochenende, wenn die Lehrerin ihn fragt, was er gemacht hat, ja ich habe am Computer das gespielt und das Level erreicht, am Tablet habe ich das gespielt und das Level erreicht.

00:07:41: Und sie hat gesagt, der tut sich wirklich schwer in der Schule, dass er aufpasst und sich konzentriert. Dann hat sie mit den Eltern gesprochen, gesagt, das Kind, der Bub, muss weniger Medien konsumieren, weniger Computerspieler spielen und sie hat sofort gemerkt, dass der Bub konzentriert, da ist sie im Unterricht.

00:07:58: Kannst du dir das vorstellen? Ich kann es mir gut vorstellen.

00:08:01: Und wir haben darüber gesprochen, dass Medien süchtig machen können. Wie machen jetzt Handys, Fernseher, Tablets süchtig?

00:08:08: Zunächst vielleicht gehen wir kurz auf den Mechanismus, der sucht, was ist sucht überhaupt? Das Wort kommt aus dem Mittelhochdeutschen, aus Sud und Siuchern, im Dialekt heißt es Sichen, und das bedeutet Leiden an einer Krankheit.

00:08:32: Also Sucht ist verbunden mit irgendeinem Leid. Sucht kann substanzgebunden sein, also wenn jemand Drogenkonsum jetzt, also Tabletten nimmt, Alkohol, Schokolade hat nicht das Potenzial, eine richtige Sucht auszulösen, eher Zucker, Zucker schon.

00:08:56: Also substanzgebunden oder nicht substanzgebunden. Und das ist aber dann trotzdem eine Sucht, die als Verhaltenssucht bezeichnet wird.

00:09:07: Früher haben wir es auch gehabt, wir haben die Spielsucht im Casino gehabt. Es waren natürlich damals nur erwachsene Menschen betroffen, die ihr ganzes Habo und Gut verspielt haben, komplett verarmt sind und auch ihre Familien gefährdet haben.

00:09:25: Jetzt haben wir diese Verhaltenssucht auch bei den Kindern, weil sie Zugang haben zu Geräten, die diese Sucht entstehen lassen.

00:09:38: So, und wie sind jetzt die Mechanismen der Sucht? Also man soll wissen, wir sind evolutionär so gemacht, dass wir uns gerne ernähren und gerne paaren.

00:09:51: Essen und Sex. Genau, kann die Spezies einfach durch die Evolution kommen.

00:09:59: Und diese zwei Mechanismen werden geregelt von einem Botenstoff namens Dopamin. Und das Dopamin wird in gewissen Kernen, in der Tiefe des Gehirns ausgeschüttet, wenn wir allein ein Essen sehen, das uns schmeckt.

00:10:16: Das heißt, ich schaue hin auf eine Torte, die ich essen zum Beispiel.

00:10:22: Bunchkrabfall, zum Beispiel. Bunchkrabfall, mit denen kannst du mich verjagen.

00:10:25: Du hast heute so ein Leiberlahn in der gleichen Farbe wie so Bunchkrabfall, schön pink.

00:10:30: Ich mache trotzdem keine, weil ich kein Alkohol in Süßspeisen mag.

00:10:36: Zucker und Alkohol.

00:10:38: Ich mag auch keinen, zum Beispiel kein Tiramisu mit einem Alkohol drin, das kann ich nicht essen.

00:10:44: Aber egal. Auf jeden Fall, es geht darum, dass wenn wir Lebensmittel sehen, die uns schmecken, dass wir eine Vorfreude entwickeln.

00:10:53: Und wenn wir uns dann hinsetzen, dass wir richtig mit Genuss und Freude essen.

00:10:58: Es ist einfach so gemacht von der Evolution, damit wir uns ernähren.

00:11:02: Damit wir uns nicht überlegen, will ich mich heute oder will ich mich nicht ernähren.

00:11:07: Natürlich gibt es auch die Komponente des Hungers, aber Essen bereitet uns Glück.

00:11:13: Jedes Mal bei der Vorfreude beim Essen haben wir eine Dopamin-Ausschüttung.

00:11:19: Das heißt, von diesen Dopaminproduzierenden Kernen.

00:11:23: Die kann man sich so wie eine kleine Erbse vorstellen in der Tiefe des Gehirns.

00:11:26: Wir haben ein paar. Man schaut hin auf das Essen und die fangen an, Dopamin zu produzieren.

00:11:32: Und dieses Dopamin reißt dann ins Vorderhirn, wo dann der Bewertungsprozess stattfindet.

00:11:39: Und dann die Bewertung. Das heißt, wenn ich Dopamin habe, dann ist das, was ich von mir habe, sicher positiv.

00:11:46: Also ich will es essen. Und dasselbe gilt auch, wenn man einen Partner vor sich hat, der einer gefällt.

00:11:54: Dann ist auch eine Dopamin-Ausschüttung. Man will sich nähern und man will auch interagieren mit dieser Person.

00:12:03: Und das führt auch zur Dopamin-Ausschüttung. Das ist ein Prozess, der ganz natürlich ist.

00:12:11: Jetzt ist aber so, dass interessanterweise diese Dopamin-Ausschüttung auch ausgelöst werden kann.

00:12:19: Zum Beispiel von Nikotin, von Alkohol. Deswegen machen es die Leute auch.

00:12:25: Am Anfang, wenn man mit Rauch entspricht, sagen sie, am Anfang hat es man gar nicht geschmeckt.

00:12:31: Auf einmal schmeckt es mehr. Genau. Und auf einmal hat es geschmeckt. Wie ist das?

00:12:35: Es ist so, dass, wenn wir regelmäßig Dopamin-Ausschüttung haben, dass sich zwischen den Zellen, wir haben unsere Netzwerke und der Neuronen,

00:12:48: und die Zellen an sich kommunizieren miteinander, indem sie ein elektrisches Signal aneinander schicken.

00:12:56: Und dieses elektrische Signal wird dann am Ende des Fortsatzes, der das Signal transportiert, übersetzt im Bodenstoff.

00:13:06: Also das Signal kommt und die sogenannte Synapse im vorderen Bereich, die sogenannte Präsynapse, schüttet Dopamin aus.

00:13:17: Und der andere Teil der Synapse, die Post-Synapse, nimmt das Dopamin auf.

00:13:23: Das heißt, also ich schaue auf ein gutes Essen, meine Dopaminkerne produzieren das.

00:13:30: Das verbreitet sich in meinem Vorderhieren, wird elektrisch zuerst geleitet, dann geht auch dieser Bodenstoff von Zelle zu Zelle über.

00:13:39: Und wenn ich das sehr oft mache, wenn ich regelmäßig das betreibe, dann passiert Folgendes,

00:13:46: bei der Post-Synapse, das heißt dort, wo das Dopamin aufgenommen wird, das Andockstellen zugehen.

00:13:55: Also um den gleichen Effekt zu erreichen, muss ich das nächste Mal mehr rauchen oder mehr Alkohol konsumieren.

00:14:04: Also wenn ich jetzt euphorisch sein will mit Alkoholkonsum, zuerst reicht vielleicht ein Glas Wein.

00:14:12: Dann habe ich dieses gute Gefühl und ich bin ein bisschen angeschwipst.

00:14:16: Wenn ich regelmäßig trinke und ich will dieses gute Gefühl haben, das angeschwipst sein,

00:14:22: brauche ich nach einer gewissen Zeit mehr, weil das Dopamin, das produziert wird, einfach gestoppt wird,

00:14:31: es wird gar nicht aufgenommen. Also ich muss mehr konsumieren, damit ich das selber Gefühl habe.

00:14:37: Und dasselbe gilt auch die Raucherwissens auch. Also zuerst haben sie vielleicht nur zwei Zigaretten geraucht,

00:14:43: dann werden es vier, dann werden es mehr. Und bei Stress ruft das System richtig nach dieser Belohnung,

00:14:51: weil das ist nämlich Belohnungssystem, dieser Dopaminkreislauf, ruft nach Belohnung und nach einer Stressphase

00:14:59: wollen die meisten Raucher auch eine Zigarette anzuhören.

00:15:02: Eine Chick danach.

00:15:03: Genau. Ja, nach dem Stress.

00:15:06: Nach dem Stress.

00:15:08: Und diese Suchtmechanismen entstehen aber auch ohne Substanz.

00:15:17: Das heißt, wenn ich zum Beispiel ein Computerspiel spiele und ich schaffe eine gewisse Anzahl von Punkten zu machen

00:15:27: und jedes Mal freue ich mich, dass ich zum Beispiel geschafft habe, ich weiß nicht, so und so viele.

00:15:32: Levels Sieben zu erreichen, was auch immer.

00:15:34: Und diese Freude, die mit dem Spiel zusammenhängt, diese Freude, ich habe es geschafft, führt dazu, dass Dopamin ausgeschüttet wird.

00:15:44: Nur, das Systemgehieren kann nicht permanent unter Dopamin sein, weil man würde sozusagen von einer Euphorie zur nächsten kommen.

00:15:53: Und das Gehirn braucht auch seine Ruhephasen.

00:15:56: Und das Gehirn kann sich verändern, damit nicht permanent Euphorie da ist.

00:16:02: Also macht Andockstellen zu.

00:16:05: Also Rezeptoren, sagt man dazu.

00:16:07: Also Rezeptor kommt vom Lateinischen, bedeutet die Stelle, die etwas aufnimmt.

00:16:12: Also, spiele ich heute, freue ich mich, dass ich, was ich zu uns so viele Punkte erreicht habe.

00:16:18: Natürlich kommt auch ein bisschen eine Komponente des Ehrgeizes dazu.

00:16:22: Morgen versuche ich das wieder.

00:16:24: Jetzt habe ich nicht 17.000 Punkte, sondern 19.000 erreicht.

00:16:27: Ja, dann setze ich mich vielleicht noch einmal hin, weil bevor 24 Stunden vergehen,

00:16:32: dann erreiche ich vielleicht 23.000 Punkte.

00:16:35: Und diese ständige Ausschüttung von Dopamin führt eben dazu,

00:16:39: dass man immer mehr spielen will, damit dieses gute euphorische Gewinnergefühl sich immer wieder einstellt.

00:16:50: Und auch zum Beispiel bei der Casino sucht.

00:16:53: Also viele Menschen haben ihr ganzes Vermögen an diesen einärmigen Banditen verloren.

00:16:59: Also man wirft ein, einmal funktioniert.

00:17:03: Aber auch beim Roulette ist ähnlich, einmal funktioniert.

00:17:06: Man gewinnt etwas, man freut sich.

00:17:08: Jetzt probiert man es wieder.

00:17:09: Und dann vielleicht kommt ein bisschen was raus, aber nicht viel.

00:17:13: Dann denkt man sich, nächstes Mal vielleicht probiere ich wieder.

00:17:18: Und dann geht es hin und her, aber man ist immer auf der Suche nach diesem euphorischen Phoenix.

00:17:25: Kann man sagen, auf diesem Kick?

00:17:26: Ja, nach dem Kick.

00:17:28: Man sagt auch, du bist züchtig nach etwas.

00:17:30: Und eben dieser Kick kommt bei den Computerspielen auch nicht immer.

00:17:37: Und deswegen muss man mehr Zeit investieren.

00:17:41: Und es gibt Menschen, die sich die ganze Nacht um die Ohren schlagen,

00:17:45: weil sie jetzt doch versuchen wollen, so und so viele Punkte zu erreichen.

00:17:50: Das heißt Sucht ist wirklich gleich Sucht.

00:17:53: Das ist jetzt egal, ob das eine Alkoholsucht ist oder eine Medien Sucht im Gehirn passiert.

00:17:59: Genau das gleiche.

00:18:00: Richtig. Also es gibt praktisch diese ständige Dopamin-Ausschüttung.

00:18:05: Und wenn das Gehirn andauernd erregt wird von diesem Dopamin, von diesem Glücksgefühl,

00:18:12: tendiert das Gehirn, das zu normalisieren, in dem Andockstellen für den Botenstoff zugemacht werden.

00:18:20: Und dann muss man mehr machen, damit man das selbe Gefühl hat.

00:18:24: Kann man auch sagen, dass so eine Sucht die Dopamin-Ausschüttung irgendwie anders anregt,

00:18:29: dass jetzt natürliche Belohnungen wie Essen oder Sex?

00:18:32: Ja, man kann es sagen, weil, sagen wir so, die Mechanismen sind die gleichen.

00:18:40: Wobei, zum Beispiel beim Essen, gibt es auch eine Sucht.

00:18:44: Und sie ist meistens auch von Zucker gesteuert, weil Zucker hat man in Experimenten gesehen mit Ratten.

00:18:54: Die Ratten hatten die Möglichkeit einen Hebel zu bewegen, der ihnen einen Kokain-Schuss gegeben hat

00:19:01: oder einen Hebel, der ihnen einen Zuckerschuss gegeben hat.

00:19:05: Und sie haben sich für einen Zucker...

00:19:06: Möglich.

00:19:07: Ja, ganz, ganz schlimm.

00:19:09: Eigentlich. Also Zucker unterschätzt man es.

00:19:12: Zucker kann auch essüchdig machen.

00:19:14: Und die Menschen, die dann eben so essüchdig werden, konsumieren sehr, sehr häufig Hochkaliorisches,

00:19:21: das aber auch mit Zucker zersetzt ist.

00:19:23: Ja, praktisch diese ganzen Industrie-Lebensmittel haben sehr, sehr viel Zucker versteckterweise drinnen.

00:19:29: Und das macht eben mitunter auch die Menschen danach süchtig.

00:19:32: Was passiert im Gehirn bei einem Entzug?

00:19:35: Bei einem Entzug, ich habe vorhin gesagt, dass gewisse Stellen zugehen, aber dafür öffnen sich andere.

00:19:44: Es würde jetzt sehr weit in die Biologie...

00:19:46: Geht eine Tür zu, geht eine andere auf.

00:19:49: Es geht so weit jetzt in die Biologie.

00:19:51: Ich will jetzt nicht mit zu viel Terminologie das Thema behandeln, aber man muss sich vorstellen,

00:19:56: es gehen andere Andockstellen auf, die dann rufen nach dem Dopamin.

00:20:02: Und wenn man sagt, jetzt keine Zigaretten, jetzt kein Alkohol, jetzt keine Spiele, löst das Aggressionen aus.

00:20:10: Also löst dann wiederum im Gehirn ein Mangel sozusagen und auf den Mangel reagieren die meisten,

00:20:16: mit dem Versuch wieder zu dem zu kommen und wenn es ihnen nicht gelingt, dann löst das Aggression aus.

00:20:24: Gibt es einen Unterschied, ob das jetzt ein Schleichender-Einzug ist oder ein Abrupter-Einzug?

00:20:29: Abrupter-Einzug ist immer sehr, sehr schwierig.

00:20:31: Deswegen auch bei Medien sucht die Patienten genauso behandelt, wie Patienten, die andere sucht, atmen.

00:20:44: Alkoholika zum Beispiel.

00:20:45: Ja, genau. Also sie kriegen auch Medikamente, die ähnlich wirken, weil eben diese Mechanismen ähnlich sind.

00:20:53: Jetzt haben wir über die Suche gesprochen, ganz ausführlich.

00:20:56: Wir haben in der letzten Folge auch über das aggressive Verhalten gesprochen.

00:21:00: Menschen lernen Aggression.

00:21:02: Zum Beispiel bei so Schutterspielen, wo sie als Menschen in diesem Spiel andere Menschen erschießen.

00:21:10: Wie ist das im Gehirn?

00:21:12: Also das Gehirn, egal was wir machen, bildet im Gehirn ein Netzwerk.

00:21:18: Und wenn wir jetzt ein neues Spiel lernen, die ganzen Regeln und wie man den Joystick bewegt etc.,

00:21:25: lernen wir immer etwas.

00:21:27: Und wenn es darum geht, dass jetzt zehn Menschen vorbeigehen und ich muss sie alle erschießen,

00:21:33: lerne ich das auch.

00:21:34: Und das sind Netzwerke, die im Gehirn entstehen und die uns bereit machen auf Aggression.

00:21:43: Das heißt, all das, was ich sehe, ist nicht nur im Computer drinnen, sondern ich lebe mit.

00:21:51: Weil wenn es nicht so eine Teilnahme gäbe, würden die meisten Gamers die Sache dann nach ein paar Sessions lassen.

00:22:00: Wenn sie sich nicht so involviert fühlten.

00:22:03: Und das Gehirn behandelt diese Invulvierung, indem es sich hinein versetzt in diese Situation.

00:22:11: Das heißt, das Gehirn unterscheidet dann nicht mehr wirklich, ob das was ich jetzt...

00:22:15: Realität und Simulation.

00:22:18: Simulation wird auch in vielen Bereichen verwendet, damit Menschen ein Verhalten lernen.

00:22:23: Zum Beispiel Piloten, Flugzeugpiloten lernen sehr viel über Simulation, zum Beispiel Notlandungen etc.

00:22:30: Das Gehirn hat vor sich eine Landebahn.

00:22:34: Der Pilot weiß, dass vielleicht ein Teil vom Flieger schon verloren gegangen ist.

00:22:39: Jetzt müssen sie lernen, das Flugzeug sicher zum Stehen zu bringen.

00:22:44: Das heißt, man schaut in den Bildschirmen ein und lebt mit dieser Situation.

00:22:51: Das Gehirn unterscheidet nicht mehr.

00:22:54: Und man lernt eine neue Art von Verhalten, die man vielleicht in der Realität noch nicht gelernt hat.

00:23:02: Weil dass man Menschen erschießt oder dass man Menschen schlägt oder sowas.

00:23:06: Zum Glück ist in unserer Gesellschaft nicht Gang und Gebe.

00:23:10: Aber wenn man das übt, dann bilden sich Netzwerke, der Aggression und auch das genaue Hinzschilens.

00:23:18: Und dementsprechend auch, dass man nicht mehr so ein Mitgefühl hat mit jemandem, der vielleicht leidet oder der halb tot ist.

00:23:26: Dass man noch mal draufschießt, das lernt man auch.

00:23:30: Man lernt ein ganzes Verhalten.

00:23:33: Und man hat auch in den Experimenten gesehen, dass Gamers tatsächlich bereit sind, mehr Gewalt anzuwenden, als jene, die andere Arten von Computerspielen gespielt haben.

00:23:46: Also jemand, der regelmäßig diese gewalttätigen Computerspiele spielt, hat mehr Bereitschaft, dann in real life Gewalt anzuwenden.

00:23:57: Es gibt jede Menge Studien, also da braucht man da nicht zu diskutieren. Es ist belegt.

00:24:02: Jetzt haben wir gesprochen über die Sucht, über die Aggressivität, Gewalt und Punkt 3 noch die Empathie.

00:24:09: Die Empathie ist ja das Hineinfühlen in anderen Menschen und du hast in der letzten Folge gesagt, dass diese gewalttätigen Videospiele auch die Empathie der Menschen reduzieren.

00:24:22: Wie kann aus neurowissenschaftlicher Sicht Empathie nachgewiesen werden und auch deren Feelen?

00:24:29: Empathie ist lokalisiert im Gehirn in den sogenannten Inseln. Inseln sind Teile der Rinde, die im Laufe der Evolution in das Gehirn hineingedrückt wurden.

00:24:43: Also vielleicht, wenn die Hörerinnen und Hörer wissen wollen, wo das genau ist, das ist über den Ohren.

00:24:49: Und das ist ein Teil der Rinde, den man erst sieht, wenn man ein besonderes Besteck verwendet und die zwei Lappen aufmacht, die es verstecken.

00:24:58: Also Insel nennt man das. Das ist ein Teil der Rinde, der über den Ohren hineingepresst wurde.

00:25:04: Da kann man auch problemlos googeln, dann sieht man genau, wie das aussieht.

00:25:09: Und die Insel hat mehrere Funktionen. Darunter auch Empathie.

00:25:14: Empathisches Verhalten führt dazu, dass die Insel, die vordere Insel insbesondere aktiv wird.

00:25:22: Also wie kann man das sehen aus neugewissenschaftlicher Sicht?

00:25:26: Gibt es jede Menge Experimente, auch von einer Forscherin namens Tania Singer.

00:25:34: Da können Hörerinnen und Hörer vielleicht auch sogar von ihr Vorträge im Netz finden.

00:25:41: Man zeigt den Probandinnen und Probanden, die im Kernspintomographen liegen.

00:25:49: Man zeigt ihnen schlimme Szenen, in denen jemand einen Unfall hat oder verletzt wird oder geschlagen wird.

00:26:00: Also wo eben ein empathisches Verhalten an den Tag gelegt werden kann.

00:26:06: Also man löst das empathische Verhalten, in dem man Bilder oder Video Sequenzen zeigt,

00:26:11: die das Verhalten auslösen können.

00:26:13: Und dann sieht man eben, dass diese Inseln aktiv werden.

00:26:17: Also sie sind dann stärker durchblutet mit Sauerstoff angereichertem Blut.

00:26:22: Das zeigt dann eben Aktivität in einer speziellen Gehirnregion.

00:26:26: Und man sieht eben, dass die Person mehr oder weniger empathisch ist.

00:26:31: Menschen, die regelmäßig diese Gewaltspiele spielen, haben verhältnismäßig weniger Aktivität in den beiden Inseln.

00:26:42: Das heißt also, sie haben ein bisschen verlernt Empathie einzusetzen.

00:26:48: Wobei Empathie ein Angeborenes.

00:26:50: Ich wollte gerade fragen, ob Empathie Angeborene ist oder gelernt wird.

00:26:54: Beides. Empathie ist A. Angeboren und B. Bestärkt wird durch die Erziehung.

00:27:00: Man sieht zum Beispiel, wenn kleine Kinder zusammen sind und ein kleines Kind beginnt zu schreien, warum auch immer zu weinen.

00:27:10: Kann sein, dass das zweite Kind auch mitweint.

00:27:13: Das ist ein empathisches Verhalten, das so ausgelöst wird über Imitation und eben über diese Insel, die sozusagen die Zugehörigkeit zum Rudel ausdrücken kann.

00:27:27: Also ich fühle mit dir mit, dann wein ich auch mit dir mit.

00:27:32: Ja, aber ich habe das gestern gehabt, positiv Beispiel.

00:27:35: Ich bin gestern bei einem Müllwagen vorbei gegangen.

00:27:38: Und da waren zwei Müllmänner hinten oben und die hatten so viel Gaudi, die haben so laut gelacht.

00:27:45: Und ich gehe vorbei, sie schauen mich an, lachen miteinander über irgendwas.

00:27:49: Ich habe es nicht gehört.

00:27:50: Und es ist mir gut gegangen, habe ich auch gelacht.

00:27:52: Das gleiche Beispiel, nur positiv.

00:27:54: Nicht weil eine Baby so eine lachende Müllmänner.

00:27:56: Richtig, richtig.

00:27:57: Das ist jetzt aber etwas, was von einer anderen Region ausgelöst wird.

00:28:03: Das ist jetzt keine Empathie mehr.

00:28:06: Das ist ein Verhalten, also dieses Imitationsverhalten wird von den Spiegelneuronen ausgelöst.

00:28:11: Okay.

00:28:12: Ja, zum Beispiel auch das Genen.

00:28:14: Genst du?

00:28:15: Wenn du gängst, genne ich.

00:28:16: Ja, genau.

00:28:17: Spiegelneuronen, wo sind die, was machen die?

00:28:20: Ja, die sind verteilt auf der Rinde.

00:28:22: Es gibt verschiedene Theorien, wo sie genau sind, aber einige sind bestimmt in der Sprachregion auch vorhanden.

00:28:30: Und die sind dazu da, dass wir über Imitation von anderen, von unseren Bezugspersonen in erster Linie lernen.

00:28:38: Das heißt, wir schauen uns ab, wie die Mama etwas macht und dann machen wir es nach.

00:28:42: Ja, und wenn jemand uns dann das beibringen will und sagt, so und so gehört gemacht,

00:28:48: dann ist es eins zu eins das echte Lernen über Imitation.

00:28:53: Deswegen ist auch, wenn man diese Ballerspiele spielt, diese gewalttätigen Spiele, man sieht, was sich da drinnen abspielt.

00:29:02: Man lernt, zum Beispiel indem man jemanden imitiert, der da drinnen auch tötet.

00:29:07: Ob ich bin oder mein Kumpel, der da drinnen ein Avatar ist, der schießt, ich schisse auch.

00:29:13: Also dieses Lernen über Simulation ist in den gewalttätigen Spielen gut nachvollziehbar.

00:29:21: Und das senkt eben die Empathie und weil man eben auch das lernt und die Empathie ist a)

00:29:29: Angeboren, kommen wir mal zurück auf das, was du gefragt hast und b) wird bestärkt.

00:29:36: Also nehmen wir ein Beispiel, ein Kind geht spazieren mit der Bezugsperson und das Kind sieht am Boden vielleicht eine tote Amsel.

00:29:47: Und das Kind bleibt stehen, ich denke jetzt zum Beispiel an ein Kind, das gerade gehen kann,

00:29:51: das vielleicht zwei Jahre alt ist und das Kind bleibt stehen, schaut sich die Amsel an.

00:29:56: Die Kommentare, die von der Mama kommen können, kann sein, das Kind will angreifen, sagt die Mama, nein, nicht angreifen.

00:30:05: Aber es kann sein, dass das Kind stehen bleibt und sagt, was hat denn der Vogel?

00:30:10: Und dann sagt die Mama, ah, der Vogel ist tot, das ist eine Amsel, schau, sie ist gestorben.

00:30:17: Also dieses empathische Verhalten, das wir in uns haben, auch evolutionär bedingt, geben wir weiter an die Kleinen.

00:30:25: Und so lernt das Kind, dass wenn die Amsel da liegt und vielleicht verletzt ist, dass sie vielleicht leidet,

00:30:32: oder wenn sie tot ist, oh, ah, meine Amsel, sie ist gestorben.

00:30:36: Das heißt, das empathische Verhalten hat schon eine evolutionäre Basis, in uns ist angeboren, aber kann wie gesagt verstärkt werden.

00:30:44: Aber es kann auch abgeschwächt werden durch solche Spiele, durch solche Simulationen.

00:30:50: Und deswegen bagatellisiere ich nicht das Thema, weil ich habe mit meinen Studentinnen und Studenten sehr häufig darüber diskutiert.

00:30:59: Ja, so zählt.

00:30:59: Ja, sie haben behauptet, oh nein, ich hoffe, sie hören diesen Portrassilberstet hier hin.

00:31:05: Bei mir sicher nicht, denn jeder ist Durchschnitt.

00:31:10: Also es kann schon sein, dass jemand in der Lage ist, diese Prozesse abzuhalten.

00:31:15: Ich will es gar nicht in Frage stellen.

00:31:17: Aber der Durchschnittsmensch lernt Aggression, lernt Empathielosigkeit und wird süchtig.

00:31:26: Also das war der Blick heute ins Gehirn zum Thema Medienkonsum, die sucht und ja auch mögliche Auswirkungen auf das Gehirn.

00:31:34: Wir freuen uns über eine gute Bewertung und über Empfehlungen bei Freunden, bei Bekannten, bei Arbeitskollegen und auch bei der Chefin.

00:31:43: Gute Idee!

00:31:45: [Musik]

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