#32: Aggression im Gehirn - Wurzeln und Entstehung von Aggression und aggressivem Verhalten

Shownotes

Aggression und Gewalt sind bis zu einem gewissen Grad Teil unserer DNA. Doch ob und wie aggressiv Menschen individuell sind und wie sie die Aggression ausleben, ist bekanntlich verschieden. Frühkindliche Erfahrungen und Kontrollzentren im Gehirn spielen dabei eine Rolle.
Wie entsteht Aggression im Gehirn, warum haben sie manche Menschen mehr unter Kontrolle als andere? - Darüber sprechen Neurowissenschaftlerin Manuela Macedonia und Moderatorin Katrin Wachauer im Podcast "Gehirn einfach erklärt".

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00:00:00: Gehirn einfacher Klärz. Der Podcast für alle mit Köpfchen.

00:00:05: Herzlich willkommen, schön, dass ihr mit dabei seid. Mein Name ist Katrin Wachauer.

00:00:10: Ich bin Moderatorin und mein Name ist Manuela Macedania und ich bin Nauerwissenschaftlerin.

00:00:16: Buchautorin, Speakerin, Influencerin. Du bist die Inseiterin, was die Nauerwissenschaften angeht.

00:00:23: Ich bin die Outseiterin und bevor wir so richtig rein starten in die neue Folge,

00:00:27: Manuela, wo sieht man dich heuer noch? Wo kann man dich live erleben?

00:00:31: Wo kann man mich live erleben? Ich habe, glaube ich, einen Vortrag für die Reifeisenbank im November

00:00:40: und sonst kann man Wellness für das Gehirn auf einer Veranstaltung sich anhören,

00:00:47: die in Ramsau stattfindet für das Nordic Opening. Cool. Das ist im Dezember. Da muss ich genau

00:00:56: nachschauen, wann das Datum ist, aber das steht im Netz. Ja, es steht auf deiner Homepage unter

00:01:00: www.machadania.at. Damit starten wir rein in eine neue Podcast Folge. Die täglichen Nachrichten

00:01:09: im Radio, im Fernsehen, in den Zeitungen. Ja, die können richtig schlimm sein, was da alles

00:01:15: rund um uns eigentlich passiert, weiter weg und auch ganz nah die Kriege, die Morde, wie auch zum

00:01:21: Beispiel der Doppelmord im Müllviertel. Ein Mann hat da zwei Menschen erschossen. Wir wollen heute

00:01:27: über das Thema Aggression sprechen bei Männern und bei Frauen. Manuela, evolutionär gesehen. Was ist

00:01:34: eigentlich der Sinn von Aggression im Hirn? Aggression ist im Prinzip ein guter Mechanismus,

00:01:41: der uns das Überleben sichert. Das unmittelbare Überleben zum Beispiel ist nur möglich,

00:01:48: wenn wir uns gegen Bedrohungen verteidigen. Um einen Angriff oder eine Flucht zu gestalten,

00:01:57: müssen wir unser Stresssystem anwerfen. Das passiert, indem dieses Stresshormonkortisol

00:02:03: ausgeschüttet wird, worüber wir schon ein paar Mal gesprochen haben. Das stellt unseren Stoffwechsel

00:02:10: plötzlich um. Wir haben dann viel mehr Kraft plötzlich innerhalb von wenigen Sekunden. Wir

00:02:17: können daher dann angreifen oder flüchten. Das heißt Aggression ist sowas wie Stress eigentlich?

00:02:23: Aggression ist eine Folge von Stress. Wenn jemand Stress hat, kann es sein, dass er dann,

00:02:32: wenn er nicht flüchten kann, aggressiv wird. Das ist, ich denke, eine gute Basis,

00:02:38: zum Nachdenken, wie es dann weitergeht. So verteidigt sich der Mensch gegen Bedrohungen.

00:02:44: Aggression findet aber auch dort statt, wo die Ressourcen knapp sind. Also zum Beispiel Nahrung,

00:02:52: Wasser, Territorium. Man hat gehört, dass gewisse Kriege in Afrika ausgelöst werden,

00:03:00: weil Wasser knapp geworden ist oder jene Felder, die besonders fruchtbar sind, auch so

00:03:07: austrocknen. Deswegen müssen die Völker sich dann ein bisschen bewegen. Das führt dann zu

00:03:14: Territorialkämpfen. Man sieht das auch bei den Tieren. Wenn die Ressourcen knapp sind. Wenn

00:03:21: 200 eine einzige Schüssel haben, kann es sein, dass sie friedlich in der gleichen Schüssel fressen.

00:03:28: Aber es kann auch sein, dass der Stärkere versucht den anderen zu verjagen. Das ist natürlich auch

00:03:36: ein Überlebensmechanismus. Wenn du jetzt so konkret ins Müffittel schaust zum Doppelmord,

00:03:43: ein Mann hat da zwei Menschen erschossen, da geht es irgendwie um Jagdrechte, ein Jagdstreit.

00:03:49: Warum entsteht da oder warum kann da so ein aggressives Verhalten entstehen? Also ich bin keine

00:03:55: Psychiaterin. Ich kann diese Dinge nur aus Sicht der Neuerowissenschaft überlegen. Also Aggression

00:04:02: hat auch eine soziale Funktion. Also wenn Abmachungen zum Beispiel nicht eingehalten werden,

00:04:09: in einem sozialen Gefüge, kann es sein, dass eben Aggression ausgelöst wird, um soziale Normen

00:04:16: durchzusetzen. Wir wissen ja gar nicht, was dahinter ist und auch wissen wir nicht, warum

00:04:22: ausgerechnet der Bürgermeister erschossen wurde. Wir dürfen eigentlich gar nichts dazu sagen,

00:04:29: aber es gibt auch Rankordnungen im sozialen Gefüge, die über Aggression verteidigt werden.

00:04:38: Konfliktlösungen. Es ist auch eine Möglichkeit, ein Konflikt zu lösen. Natürlich macht es den

00:04:43: Konflikt noch viel, viel schlimmer, weil der Mensch, der da erschossen worden ist, kann auch nichts

00:04:48: mehr dazu beitragen, dass der Konflikt gelöst wird. Und der andere, der erschossen hat,

00:04:54: der wird auch nie mehr konfliktfähig diese Lösung, dieses Problem lösen können. Also sagen wir so,

00:05:01: Aggression ist dazu da, im sozialen Gefüge Interessen auch zu vertreten. Wie entsteht

00:05:10: im Gehirn eigentlich Aggression? Und wo ist natürlich ein unfassbar komplexer Prozess? Ich glaube,

00:05:15: kann man den irgendwie einfach herunterbrechen? Ja, also zuerst mal wollen wir uns die zentralen

00:05:22: Regionen der Aggression kurz anschauen. Das erste, was passiert, das können wir selbst nachvollziehen.

00:05:29: Also jemand sagt uns etwas, das nicht passt. Also wir sind gerade beim Parken oder wir wollen

00:05:35: gerade einparken und jemand schnappt uns zum Beispiel den Parkplatz weg. Wir haben aber schon eine

00:05:41: vierte Stunde auf dem Parkplatz gewartet und die Person ist besonders frech und schiebt sich rein,

00:05:48: während wir gerade dabei sind hineinzufahren. Und jetzt ist es so, dass wir emotional zuerst mal

00:05:56: eine Reaktion haben. Wir können jetzt sagen, wir sind verärgert, das ist Wut oder wir sind auf

00:06:05: jeden Fall emotional in diese Situation dann reingezogen. Und da sind die Mandelkerne dafür

00:06:13: zuständig. Die Mandelkerne bewerten, nehmen wahr und bewerten jegliche Situation oder Gesicht

00:06:21: oder Gegenstand all das, was rund um uns passiert oder vorhanden ist, wird von den Mandelkernen,

00:06:29: also dem Sitz der Emotionen bewertet. Und in diesem Fall würde wahrscheinlich diese Handlung von der

00:06:35: Person, von der unbekannten Person als Bedrohung bewertet werden. Und das löst eine emotionale

00:06:42: Reaktion aus. Das löst auch in diesem Fall, wie vorhin gesagt, diese Flucht oder Angriff-Reaktion.

00:06:50: Wenn man gut drauf ist, kann es sein, dass man den zum Teufel schickt, dass man ihm das vielleicht

00:06:57: auch sagt, ja, geht zum Teufel. Aber es gibt auch sicher Situationen, wo jemand aussteigt und

00:07:03: handgreiflich wird. Also das hat sicher schon alles gegeben. Also der Mandelkern ist die jene

00:07:10: Region des Gehirns, die als Erste bei der Aggression sozusagen sich einschaltet. Und danach kommt

00:07:18: der Hypothalamus. Der Hypothalamus reguliert, also steuert die Ausschüttung von Stresshormonen.

00:07:25: Das heißt, also der Hypothalamus schickt ein Befehl an die Nebenniere. Sie mögen bitte jetzt genug

00:07:32: Cortisol ausschütteln. Ja, der Hypothalamus löst mehr oder weniger die Stressreaktion aus und kann

00:07:40: aber auch diese aggressive Impulse, die wir haben, regulieren. Das heißt auch dämpfen. Auch dämpfen.

00:07:48: Aber sagen wir so, wenn wir das Gefühl haben, also wir sind im Recht, kann es sein, dass der

00:07:55: Hypothalamus da eher still bleibt. Ich bin immer im Recht übrigens. Ich auch, ja. Ja, und dann geht es

00:08:05: weiter. Also wenn der Impulse entstanden ist, in uns, dass man vielleicht doch aussteigt und dem

00:08:12: zuerst einmal sagt, was man denkt von dieser Aktion, schaltet sich eine Region hinter den Augen,

00:08:19: also der präfrontale Cortex sagt man dazu, also das Vorderhirn. Und da wird zuerst mal eine Bilanz

00:08:27: gezogen. In dieser Region machen wir die Bewertung der Situation. Und abhängig von der Bewertung

00:08:34: wird es weiter gehandelt oder nicht gehandelt. Also wir steigen aus, also wir zwei, ihr kleine Frauen,

00:08:41: also schmächtige Frauen. Keine Schlägerei. Genau. Wir steigen aus, jetzt steigt vom anderen Auto

00:08:46: vielleicht ein großer Mann aus, der vielleicht ein bisschen bedrohlich wirkt. Also unser Vorderhirn

00:08:53: kontrolliert dann eher den aggressiven Impuls. Weil wir wissen, also wir bewerten die Situation

00:09:02: dann so, es könnte schlecht für uns ausstehen. Wir schätzen die Lage quasi ein. Richtig, wir

00:09:07: bewerten die Lage, also im Vorderhirn passiert das. Und wenn es für uns, also wir Frauen, würden

00:09:14: diese Situation dann sozusagen als gefährlich einschätzen, dann sagen wir dem vielleicht,

00:09:19: damit mal auch ein Punkt setzt in der Situation, ich war vorher da. Und der sagt, mir ist es egal.

00:09:28: Ja, dann zeigt man dem, dass man verärgert ist und steigt wieder ins Auto. Aber umgekehrt,

00:09:35: wenn der Mann derjenige gewesen wäre. Ja, und ich schnappe ihm den Parkplatz weg. Genau. Könnte

00:09:42: sein, nachdem du für ihn nicht bedrohlich wirkst, dass er sich da ein bisschen mehr äußert. Ja,

00:09:50: und ich meine, man kann es nicht ausschließen. Ich will jetzt nicht sagen, dass Männer aggressiver

00:09:55: sind oder dass Männer ganz anders reagieren. Aber wenn für ihn keine Bedrohung da ist, kann es sein,

00:10:02: dass er seine aggressiven Reaktionen ein bisschen mehr Spielraum lässt. Und da passiert schon,

00:10:12: also die nächste, passiert schon der nächste Schritt in einer Handlung, dass er dann vielleicht

00:10:19: dich beschimpft oder dir sagt, fahr dir jetzt sofort zurück, weil da will ich reinfahren. Oder

00:10:26: handgreiflich wird im schlimmsten Fall. Genau, im schlimmsten Fall kann es sein, dass er handgreiflich

00:10:30: wird. Ja, weil sein Vorderhirn bewertet hat, dass diese Situation für ihn nicht gefährlich ist. Also

00:10:36: da kann er diesem Impuls viel mehr freien Lauf lassen. Und es ist aber auch so, dass eine

00:10:44: Region hinter den Augenhöhlen auch noch sich dazu schaltet. Und das ist eine Region, die die Impulskontrolle

00:10:54: steuert. Das heißt also, wir nehmen in der Situation wahr, dass wir eben diese Aggression haben, auch

00:11:01: der Mann, aber diese Region steuert eben diesen Impuls aggressiv zu werden, womöglich handgreiflich

00:11:11: zu werden. Und es kann sein, dass eben bei ihm diese Region gut aktiv ist und gut trainiert ist. Und

00:11:20: das er dann sagt, okay, also sie sind, was ich weiß. Klein und schmächtig oder wie? Nein, nein,

00:11:27: dass er vielleicht ein Schimpfwort auslässt. Aber er weiß, er weiß, dass er dich nicht angreifen darf

00:11:34: und ein Auto nicht, gegen ein Auto nicht tritt. Also da hat er die Kontrolle über sich selbst. Genau,

00:11:40: also hinter den Augenhöhlen ist diese Region, also diese Orbitofrontale Cortex, der den Impuls

00:11:48: kontrolliert und eben dieses soziale Verhalten kontrollieren kann. Nicht jeder, der sich ärgert,

00:11:55: nicht jeder, der wütend ist, geht auf die andere Person los. Und diese Region ist auch ganz

00:12:02: interessant, hilft bei der Einschätzung von Konsequenzen. Das heißt, wenn ich jetzt das und

00:12:07: das mache, passiert es wie in es. Genau. Also in dem Moment, selbst wenn er sehr wütend ist,

00:12:13: weil er hat jetzt eine Viertelstunde auf den Parkplatz gewartet und er hat einen wichtigen

00:12:17: Termin und er muss jetzt hin und er ist schon verspätet, das heißt, Druck, Druck, Druck.

00:12:20: Selbst wenn er weiß, dass das für ihn jetzt diese Situation sich negativ auswirkt, ist er

00:12:26: trotzdem in der Lage, den Impuls zu kontrollieren, dir vielleicht, also gegen dich angreiflich zu

00:12:32: werden oder gegen das Fahrzeug, passiert auch oft, ist mir auch einmal passiert. Also ich wollte

00:12:36: niemandem den Parkplatz schnappen, sondern ich wollte bei mir zu Hause, naja, ich wollte in die

00:12:42: Einfahrt und ich bin ganz vorsichtig stehen geblinkt und die Person, die hinter mir war, also

00:12:49: für die hätte ich nicht stehen bleiben dürfen, blinken dürfen und dann habe ich noch das Tor

00:12:55: aufgemacht und das war ihm zu viel, der ist ausgestiegen, hat mich fast angegriffen, hat mir

00:13:02: dann die Autotür so zugeschlagen, dass ich geglaubt habe, die Autotür fällt ab, also dieser

00:13:09: Person hat seine Impulskontrolle überhaupt nicht im Griff gehabt. Das kommt wahrscheinlich auch immer

00:13:14: auf den Tag drauf an, oder? Wie gut ist jemand drauf? Wie schlecht ist jemand drauf? Ja, natürlich,

00:13:19: aber diese Einschätzung der Konsequenzen muss jedem bewusst sein, weil es kann sein, dass

00:13:25: jemand das beobachtet, was in meinem Fall auch passiert ist, die Nachbarin vom Fenster gesehen,

00:13:31: weil er auch so geschrien hat und ich meine, das hätte zur Folge geben können, dass ich zur

00:13:38: Polizei gehe und ihn anzeige, oder wenn er mir die Autotür demoliert, dass auch Konsequenzen

00:13:46: für ihn zu tragen sind. Also sagen wir so, diese Impulskontrolle müsste bei jedem Menschen gut

00:13:53: trainiert sein, das macht man nämlich, dass also diese Impulskontrolle passiert auch durch Prägung

00:13:59: in der Kindheit. Ja, und du sagst es vorhin, was war die Frage? Jetzt wollte ich eigentlich fragen,

00:14:04: es heißt so viele verschiedene Regionen spielen da zusammen, wenn es um Aggression geht, kann man

00:14:09: da sagen, welcher Part am wichtigsten ist? Kann man nicht sagen, weil alle dienen dazu, also sie

00:14:17: arbeiten zusammen und alle dienen dazu, dass wir adäquat uns vor Gefahren schützen oder vor

00:14:25: vermeintlichen Gefahren. Und je nachdem, wie der Mensch die Dinge sieht,

00:14:30: Erkennt er für sich die Gefahren oder jene Situationen, die er nicht haben will?

00:14:34: Jetzt hast du gesagt, Männer und Frauen sind aggressiv.

00:14:38: Die meisten Gewaltverbrechen werden aber von Männern begangen.

00:14:43: Ja, Frauen nicht minder aggressiv, würde ich jetzt einmal sagen, aber die lassen die Wut

00:14:47: irgendwie anders raus, schlecht reden, schreien oder lästern.

00:14:51: Wie lassen sich die Unterschiede erklären?

00:14:53: Ja, ich würde jetzt nicht allgemein Frauen und Männer immer aufteilen, sagen wir so.

00:15:01: Ich würde sagen, ein Mensch kann eine Aggression haben, die verstärkt wird, zum Beispiel,

00:15:06: wenn er in einem depressiven Zustand ist.

00:15:10: Denn zum Beispiel der Botenstoff, über den wir schon ein paar Mal gesprochen haben, Serotonin,

00:15:15: Botenstoff, der uns ausgeglichen macht, wenn er in ausreichendem Ausmaß da ist, dann wird

00:15:21: diese Aggression gedämpft.

00:15:23: Wenn zum Beispiel jemand sehr viel Dopamin hat, Dopamin ist Freude, Botenstoff, auch Glücksbotenstoff

00:15:30: genannt, das ist interessant, das kann aggressive Impulse verstärken.

00:15:36: Der Glücksbotenstoff?

00:15:37: Ja, weil man ist so in einer Highphase, um zu denken, ist ewuscht oder...

00:15:43: Man ist gut drauf.

00:15:45: Und man ist so, dass Dopamin gibt auch Kraft.

00:15:51: Also verstärkt sozusagen die Muskelkraft.

00:15:55: Und deswegen fühlt man sich besonders stark und man fühlt sich besonders gut, weil man

00:16:01: glücklich ist, man gut drauf ist, aber wenn die Situation plötzlich andere ist, gibt

00:16:07: das genau.

00:16:08: Und man hat auch mehr, ja, kann dieser impulsar, dieser aggressiven Impulse verstärken.

00:16:13: Und es kann aber auch sein, zum Beispiel, und da muss ich dir recht geben, ja, Mann,

00:16:19: dass das Niveau von Testosteron sehr hoch ist und das verstärkt schon die Aggression.

00:16:25: Also mehr Testosteron ist gleich aggressiver?

00:16:28: Richtig, das haben auch Frauen auch, ja, Testosteron, nicht nur Männer.

00:16:31: Aber möglicherweise evolutionär bedingt, man hat mehr Testosteron und man hat mehr

00:16:37: Aggression, weil er auch stärker ist.

00:16:40: Bei der Jagd, bei Gefahren muss die Familie verteidigen und so, also das sind schon sinnvolle

00:16:47: Mechanismen.

00:16:48: Aber in so modernen Settings manchmal eine schlechte Auswirkung haben.

00:16:54: Jetzt hast du auch schon von einer psychischen Erkrankung angesprochen, die Aggression begünstigen.

00:17:00: Wie kann man sich das erklären im Gehirn?

00:17:02: Was passiert da?

00:17:03: Psychische Erkrankungen.

00:17:04: Naja, es ist so, dass, ich bin keine Psychiaterin, ja, also ich möchte da nicht mitreden mit

00:17:11: den Psychiatern.

00:17:12: Aber es ist so, dass psychische Erkrankungen manchmal die Wahrnehmung verändern.

00:17:19: Die Wahrnehmung dessen, was da ist.

00:17:22: Das heißt also, wenn für eine Person, die nicht depressiv ist, so eine Situation komplett

00:17:28: harmlos ist.

00:17:29: Das heißt, ich habe genug Serotonin im Umlauf und ich denke mal mein Gott, der hat es gebraucht,

00:17:34: dass er mal den Parkplatz weg schnappt, egal.

00:17:38: Aber wenn ich zum Beispiel depressiv bin und meinen Tag habe ich schon wahrgenommen, die

00:17:44: ganze Zeit als extreme Belastung oder Bedrohung oder so, dann habe ich auch eine Wahrnehmung

00:17:50: dieser Situation, die wahrscheinlich verstärkter ist, gegenüber einer Wahrnehmung, die ich hätte,

00:17:57: wenn die Botenstoffe in Ordnung wären.

00:18:03: Es gibt zum Beispiel auch eine Krankheit, die bipolarische Störung, also früher hat man

00:18:08: dazu gesagt manische Depression.

00:18:10: Die Patienten sind eine, also es gibt zwei Phasen, die manische Phase, in der die Personen

00:18:17: heiß sind, weil eben sehr viel Dopamin da ist und sie können Berge versetzen und dann

00:18:25: aufgrund von einer falschen, also falsch ist nicht der richtige Begriff, auf jeden Fall

00:18:31: von einer gestörten Ausschüttung der Botenstoffe kippen diese Personen von der manischen Phase,

00:18:38: in der sie die Berge versetzen können, kippen sie in eine depressive Phase, in der sie sich

00:18:47: total schlecht fühlen, in der sie an sich nicht glauben und so weiter und so fort.

00:18:53: Und in diesem Spektrum, also in diesem Bibolandspektrum kann es sein, dass die Person auch Halluzinationen

00:19:03: hat.

00:19:04: Und das sind, also ob die Person hört Dinge, die niemand gesagt hat und sieht Dinge, die

00:19:10: nicht vorhanden sind und kann sein, dass die Interaktion mit dieser Person, die gerade

00:19:17: den Parkplatz weggeschnappt, zu einer Halluzination umgebaut wird und dann kann es sein, dass

00:19:24: die Person vielleicht irgendein Gegenstand nimmt, was im Auto ist, sagen wir eine Flasche

00:19:29: oder sowas eine leere Flasche, die in den Flaschencontainern gehörte und mit diesen

00:19:35: leeren Flaschen vielleicht auf den Parkplatz-Wegschnapper losgeht, weil eben diese Wahrnehmung

00:19:43: eine völlig andere ist als das, was das ist, als diese Person, die eigentlich nur schlechte

00:19:50: Manieren hat.

00:19:51: Ja.

00:19:52: Es ist ja so, dass manche Menschen aggressiver sind als andere.

00:19:54: Jetzt haben wir schon gesprochen von psychischen Erkrankungen, die das beeinflussen oder auch

00:20:00: Testosteron.

00:20:01: Die Erziehung hast du angesprochen, welche Faktoren gibt es noch, die Aggressivität

00:20:06: beeinflussen oder den Hang zur Aggressivität?

00:20:09: Der Hang zur Aggressivität, sagen wir so, zum Glück sind alle Gehirne verschieden, aber

00:20:16: es gibt immer die Kombi Nature and Nurture.

00:20:20: Das heißt also, wie wir genetisch gebaut sind und wie wir geprägt werden.

00:20:25: Also, wenn ich genetisch zu jenen Menschen gehöre, die von den Botenstoffen her, also

00:20:33: von der Genetik der Botenstoffe her, mehr oder weniger von der einen oder anderen Substanz

00:20:38: produziert.

00:20:39: Es gibt bei den Botenstoffen auch Gene, die die Botenstoffe transportieren lassen und

00:20:46: auch diese Genetik spielt eine Rolle, nicht nur die Menge, sondern wie schnell ein Botenstoff

00:20:51: transportiert wird in welche Gehirnregion.

00:20:53: Also, das heißt, wenn die Genetik schon so eine ist, die Aggression leicht entstehen

00:21:01: und jetzt wächst dieses Kind in einer Familie, die Aggression zum Alltag gehört.

00:21:07: Das heißt, das Kind wird geschlagen, weil die Eltern auch aggressiv sind und sie lösen

00:21:12: jeden Konflikt, indem sie das Kind schlagen.

00:21:15: Dann weiß das Kind, dass das eine mögliche Art der Konfliktlösung ist und das Kind

00:21:21: wird auch versuchen, womöglich diese Strategie der Konfliktlösung selbst anzuwenden.

00:21:28: Das heißt, das Kind neigt zur Aggression, aber diese Aggression wird verstärkt durch

00:21:34: die familiäre Prägung, die da ist.

00:21:36: Hat das Kind hingegen Eltern die Liebe voll mit ihm umgehen und wenn das Kind was, also

00:21:43: irgendetwas macht, was nicht in Ordnung ist, auf das Kind zugehen und liebevoll dem Kind

00:21:48: erklären, warum es falsch ist und wenn das Kind vielleicht selbst aggressiv ist, das

00:21:53: Kind umarmen und lieb kosen.

00:21:55: Das heißt, diese Aggression nicht selber noch zusätzlich verstärken, dann ist diese Prägung

00:22:03: eine, die die Genetik sozusagen dämpft.

00:22:07: Und das ist je nachdem, wie man auf die Welt kommt, ob diese Grundlagen vorhanden sind

00:22:14: oder nicht und wie die Eltern, also wie die Umgebung eine Person dann prägt.

00:22:20: Wie kommt man raus aus diesem Teufelskreis?

00:22:23: Naja, je nachdem, wer rauskommen sollte.

00:22:26: Weil wenn ich zum Beispiel in einer Region dieser Welt lebe, wo Aggression die einzige

00:22:34: Möglichkeit ist der sozialen, hierarchischen Definition, also bevor ich geschlagen werde

00:22:42: oder wenn jemand handgreiflich zu mir wird, dann ziehe ich vielleicht mal meinen Basketball-Schläger,

00:22:50: wenn ich im Auto immer mitführen muss, im Fall der Fälle und bin selber aggressiv.

00:22:56: Ich will jetzt, während ich das sage, will ich gar nicht an diese schreckliche Situation

00:23:00: denken, dass man permanent sich verteidigen müsste.

00:23:04: In dieser Angst leben muss.

00:23:05: In dieser Angst leben muss, genau.

00:23:07: Gibt es eigentlich so Tipps und Tricks?

00:23:09: Es kennt jeder von uns wahrscheinlich im Alltag, dass man mal schnell kranktick wird, aggressiv

00:23:14: wird, wenn zum Beispiel jemand einem den Parkplatz weggeschnappt, wo man auf dem man 15 Minuten

00:23:19: gewartet hat oder es sind oft nur Kleinigkeiten und innerlich kocht man irgendwie.

00:23:24: Gibt es da so Tipps und Tricks, um sich ein bisschen runterzuholen?

00:23:27: Ja, ja ein.

00:23:29: Also sagen wir so.

00:23:30: Ja, ja ein.

00:23:31: Sagen wir so.

00:23:32: Bitte ja.

00:23:33: Die sofort Maßnahmen.

00:23:35: Also wenn man in der Psychotherapie tätig ist, ja dann, also ich bin nämlich keine Psychotherapeutin.

00:23:44: Ich gebe ungern Tipps, ja, da muss man sich an die zuständigen Personen wenden.

00:23:51: Aber es gibt einfach diese Regeln, die jeder weiß, dass man tief und langsam durch die

00:23:56: Nase einatmet und durch den Mund ausatmet, vier Sekunden ein und sechs Sekunden aus.

00:24:05: So viel Luft habe ich nicht.

00:24:07: Muss man vielleicht üben.

00:24:09: Genau, muss man vielleicht üben.

00:24:11: Also indem man das macht, ja, dann kommt man schon mal nicht in die Situation, dass man

00:24:18: jetzt handelt.

00:24:19: Weil in dem Moment, wo diese ganze Aggression sich aufbaut, dann entsteht auch das Bedürfnis

00:24:24: sofort was zu tun.

00:24:26: Und umsonst heißt es ja auch nicht, schlafen wir noch darüber.

00:24:28: Richtig, richtig.

00:24:29: Und dann was auch natürlich hilft, ist, dass man sich bewegt.

00:24:35: Also ich habe das auch in meinen Büchern immer wieder beschrieben.

00:24:39: Man kann Cortisol, also das Stresshormon, abbauen über die Muskelarbeit.

00:24:44: Man sieht nicht umsonst in diesen amerikanischen Filmen, wenn zwei Personen streiten, dass

00:24:50: eine Person rausgeht und Holz hackt.

00:24:53: Das dient dazu, Cortisol abzubauen.

00:24:57: Die Muskeln können also einen Zym produzieren, wenn sie bewegt werden, das heißt, Katt,

00:25:03: K-A-T.

00:25:04: Und das Katt neutralisiert Cortisol.

00:25:07: Das heißt, es ist eine sehr gute Strategie, wenn man kann, dass man die Situation verlässt

00:25:13: und sich bewegt.

00:25:15: Also bewegt so, dass man in Schnaufen kommt, dass man in Schwitzen kommt.

00:25:20: Nur ein bisschen spazieren gehen ist wahrscheinlich nicht richtig zielführend.

00:25:24: Denn man muss ja dieses Cortisol, das sich in den Muskeln eingelagert hat, damit man mehr

00:25:29: Kraft hat, um anzugreifen oder zu flüchten.

00:25:32: Von dort muss man das abbauen.

00:25:35: Und das ist der Grund, warum diese Bewegung wichtig ist.

00:25:40: Situation kann man auch wechseln, dass man sagt, ich suche meinen anderen Parkplatz.

00:25:47: Ich suche meinen anderen Partner.

00:25:50: Und Längefristig ist natürlich wichtig, wenn man diese permanent mit Aggression zu tun hat.

00:26:02: Zum Beispiel, ich denke, Personen, die einen Amoklauf machen,

00:26:06: sind wirklich wie ein Problem hat mit Aggression.

00:26:09: Richtig.

00:26:10: Also wenn jemand wirklich ein Problem hat mit Beziehungen, dass die Person regelmäßig

00:26:17: in so eine Aggressionslösende Situation kommt.

00:26:22: Das ist jetzt nicht die Situation des Parkplatzes.

00:26:25: Aber ich kann mir vorstellen, dass vielleicht jemand, der Amok läuft, wie diese Person im

00:26:29: Müllviertel, dass diese Person vielleicht regelmäßig in so eine Stresssituation

00:26:35: gekommen ist, die dann irgendwann einmal dazu geführt hat, dass er diese Entscheidung trifft.

00:26:41: Und wenn man jetzt eine Situation hat, die einen zum Waren treibt, so wie man im Volksmund

00:26:47: sagt, dass man versucht aus dieser Situation auszusteigen, dass man sich die Situation

00:26:52: nicht ausliefert und dass man auch das reflektiert, sofern es geht, vielleicht auch mit einer

00:26:58: Person, die psychotherapeutisch tätig ist und dass man vielleicht auch, wenn das nicht

00:27:05: so schlimm ist, dass man Entspannungstechniken anwendet.

00:27:09: Ich beschreibe auch immer in meinem Buch Wellness für das Gehirn, wie zum Beispiel das

00:27:14: Waldbaden Aggression abbaut, auch die Gartenarbeit Aggression abbaut.

00:27:21: Natürlich, dass Laufen gehen im Wald ist noch besser.

00:27:25: Und auch regelmäßig Spiritualität üben.

00:27:30: Und ich meine mit Spiritualität gewisse Formen der Meditation, also der echten Meditation,

00:27:36: nicht, dass man nur ein bisschen meditiert, sondern dass man sich darin vertieft und dass

00:27:40: man das auch ordentlich kann und übt.

00:27:42: Das ist auch sehr zielführend und obendrauf kann man auch beten.

00:27:48: Beten reduziert auch Cortisol im Körper und ist eine gute Möglichkeit sich zu

00:27:54: wahrscheinlich gewisser Werte zu besinnen, die zum Beispiel im Christentum vorhanden sind.

00:28:01: Wenn dich jemand schlägt, Punkte, Punkte.

00:28:05: Neuer Partner.

00:28:07: Ich weiß nicht, ich habe kein Thema jetzt mit deinem Partner, der mich ärgert.

00:28:13: Bevor man den Partner umbringt, ist besser, man betet oder man meditiert.

00:28:21: Ja oder natürlich, wenn man ein Problem hat mit Aggression, dann sucht man sich ja professionelle Hilfe.

00:28:26: Da gibt es ganz viele Menschen, die einem unterstützen können, die helfen können.

00:28:29: Richtig, richtig.

00:28:30: Ja, das war unsere Folge zum Thema Aggression.

00:28:33: Das heißt, durch die Nase für Sekunden, durch den Mund 6 Sekunden ausatmen, mit ganz viel Liebe.

00:28:41: Haben wir diese Folge produziert.

00:28:43: Und mit ganz viel Liebe würden wir uns freuen, wenn ihr diese Podcast-Folge teilt, bewertet.

00:28:49: Du sagst immer auf WhatsApp zum Beispiel, teilen, geht ganz easy.

00:28:53: Genau, ist ganz einfach.

00:28:54: Und ja, vielen Dank mit ganz viel Liebe fürs Zuhören.

00:28:57: Herzlichen Dank.

00:28:59: Copyright WDR 2021

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